Fremde in der Welt

Im 1. Brief des Johannes 2,15a steht: „Liebt nicht die Welt! Hängt euer Herz nicht an das, was zur Welt gehört!“

Dieser Satz kann viele Fragen aufwerfen? Warum und vor allem Wie ist das umzusetzen? Alles um uns herum ist doch Teil der Welt? Sind wir selbst nicht auch Teil der Welt?

Man darf nicht vergessen, dass das nur ein Teil des Verses ist. Die andere Hälfte und die nachfolgenden Verse verschaffen uns bereits etwas mehr Klarheit zum „Warum“:

„Wer die Welt liebt, in dessen Herz gibt es keine Liebe zum Vater“ 1. Joh 2,15b

„Die Welt ist erfüllt von der Gier der Triebe und Sinne, von der Gier der Augen, vom Prahlen mit Geld und Macht. Das alles kommt nicht vom Vater, sondern gehört zur Welt“ 1. Joh 2,16

Wir erfahren: Wir sollen die Welt nicht lieben, weil wir dann Gott nicht lieben können. Gott und die Welt schließen sich gegenseitig aus, sie sind nicht miteinander vereinbar. Deshalb müssen wir uns zwangsläufig für eine Seite entscheiden. Aber was spricht denn überhaupt dagegen, in der Welt zu leben?

„Die Welt vergeht und mit ihr die ganze Lust und Gier. Wer aber tut, was Gott will, wird ewig leben.“ 1. Joh 2,17

Von der Entscheidung für die Welt profitiert man eher kurzfristig, von der Entscheidung für Gott scheint man länger etwas zu haben. Aber „ewig leben“ klingt nicht sehr praxisnah. Schließlich sind wir Menschen nicht unsterblich, wir müssen schließlich alle einmal sterben. Und wenn die Welt vergeht, wo sollen wir denn dann leben?

„Aber Gott hat uns einen neuen Himmel und eine neue Erde versprochen. Dort wird es kein Unrecht mehr geben, weil Gottes Wille regiert. Auf diese neue Welt warten wir.“ 2. Petr 3,13

„Denn auf der Erde gibt es keine Stadt, in der wir bleiben können. Wir sind unterwegs zu der Stadt, die kommen wird.“ Hebr 13,14

Die Welt, in der wir leben sollen, wird laut diesen Versen noch kommen und bis dahin befinden wir uns in einem Zustand des Wartens und wandern durch diese Welt.

„Denn wir alle müssen vor Christus erscheinen, wenn er Gericht hält. Dann wird jeder Mensch bekommen, was er erhält, je nachdem, ob er in seinem irdischen Leben Gutes getan hat oder Schlechtes.“ 2.Kor 5,10

Dieser Vers hört sich nicht so vielversprechend an wie die vorigen, das zweite was mir auffällt ist jedoch die Formulierung „irdisches Leben“, denn wenn es nur eines gäbe, wäre dieses Adjektiv nicht nötig gewesen. Auch aus diesem Vers geht wieder hervor: Das, was viele als das einzige Leben und als die einzige Welt erachten, ist noch nicht alles.

„Die Welt würde euch als ihre Kinder lieben, wenn ihr zu ihr gehören würdet. Aber ich habe euch aus der Welt herausgerufen und ihr gehört nicht zu ihr. Aus diesem Grund hasst euch die Welt.“ Joh 15,19

Schon wieder ein Johannes, allerdings ein anderer (der Name war damals scheinbar voll im Trend), er ist jedoch genauso drauf wie sein Namensvetter. Wir wandern nicht nur durch diese Welt, wir gehören gar nicht zu ihr, wir sind, wenn man so will, Nomaden, die nirgendwo so richtig hingehören und überall Fremde sind. Oder ist es wie das Gefühl, welches man verspürt, wenn man sich einem Freundschaftskreis nicht zugehörig fühlt? Manch einer fühlt sich fremd im eigenen Körper und solche Fragen der Zugehörigkeit beschäftigen vor allem die meisten Jugendlichen. Wir gehören nirgendwo hin in „dieser“ Welt. Die Botschaft ist ja inzwischen angekommen. Aber warum hasst uns die Welt? Das klingt schon ziemlich hart. Sind wir wie Ausländer in einem fremden Land, das unsere Anwesenheit nicht akzeptiert? In Deutschland erfahren Christen ja eher weniger Hass, in anderen Ländern werden Christen allerdings noch heute verfolgt. Das hat sich seit der Entstehung des Johannesevangeliums nicht geändert. Aber wenn wir den Gedanken weiterspinnen, was sind dann die Folgen dieser Annahme, dass wir eigentlich so etwas wie Aliens sind?

„Ihr wisst, meine Lieben, dass ihr Gäste und Fremde in dieser Welt seid. Darum ermahne ich euch: Gebt den Leidenschaften nicht nach, die aus eurer selbstsüchtigen Natur aufsteigen und die ständig mit eurem guten Willen im Streit liegen.“ 1. Petr 2,11

„Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch viel mehr von Gott umwandeln, damit euer gesamtes Denken erneuert wird. Dann könnt ihr euch ein sicheres Urteil bilden, welches Verhalten dem Willen Gottes entspricht.“ Römer 12,2

Sich nicht den Maßstäben der Welt anpassen, das kann ich mir vorstellen unter „sein Herz nicht an die Welt hängen“. Aber wie kann man das umsetzen?

„Stellt euer ganzes Leben Gott zur Verfügung! Bringt euch Gott als lebendiges Opfer dar, ein Opfer voller Hingabe, an dem er Freude hat“ Römer 12,1

„Ihr habt Jesus Christus als den Herrn angenommen, darum lebt nun auch in der Gemeinschaft mit ihm und nach seiner Art! Seid in ihm verwurzelt und baut euer Leben ganz auf ihn. Bleibt im Glauben fest und lasst euch nicht von dem abbringen, was euch gelehrt worden ist. Hört nicht auf zu danken, für das, was Gott euch geschenkt hat.“ Kolosser 2,6

Das ist auf der einen Seite eine ganz schön umfassende Forderung, allerdings nicht umfangreich im Detail. Im Kolosserbrief sind wir glücklicherweise genau richtig, um mehr Details zu finden.

„Richtet also eure Gedanken nach oben und nicht auf die irdischen Dinge!“ Kolosser 3,2

„Darum tötet alles, was an euch noch irdisch ist: Unzucht, Ausschweifung, Leidenschaft, böse Lust und die Habsucht.“ Kol 3,5

„Aber jetzt müsst ihr alles ablegen, auch Zorn und Aufbrausen, Boshaftigkeit, Beleidigung und Verleumdung.“ Kol 3,8

Ihr seid von Gott erwählt, der euch liebt und zu seinem heiligen Volk gemacht hat. Darum zieht nun wie eine Bekleidung alles an, was den neuen Menschen ausmacht: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Bescheidenheit, Milde, Geduld. Ertragt einander! Seid nicht nachtragend, wenn euch jemand Unrecht getan hat, vergebt einander.“ Kol 3, 12-13

„Alles, was ihr tut und was ihr sagt, soll zu erkennen geben, dass ihr Jesus, dem Herrn, gehört. Euer ganzes Leben soll ein einziger Dank sein, den ihr Gott, dem Vater, durch Jesus Christus darbringt.“ Kolosser 3,17

„Alles, was ihr tut, tut von Herzen, als etwas, das ihr für den Herrn tut und nicht für Menschen. Seid euch bewusst, dass ihr dafür vom Herrn das ewige Leben als Lohn bekommt.“ Kol 3,23

Hui, das ist eine ganze Menge, diesen ganzen Anforderungen gerecht zu werden. Und warum ist da nun die Rede von einem neuen Menschen?

„Ihr dürft nicht mehr wie die Menschen leben, die Gott nicht kennen und deshalb von ihrem verkehrten Denken in die Irre geführt werden.“ Eph 4,17

Im Zusammenhang mit diesem Vers wäre dann der „alte“ Mensch jener, der ich war, als ich Jesus nicht kannte und nicht nach Gottes Maßstäben sondern nach denen „dieser“ Welt gelebt habe. Und als ich mich für Gott entschieden habe, wurde ich zum „neuen“ Menschen, dieser fremde Alien-Wanderer der nur ein Gast auf der Welt ist. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen den zwei Menschen und den zwei Welten.

„Niemand kann zwei Herren gleichzeitig dienen. Er wird den einen vernachlässigen und den andern bevorzugen. Er wird dem einen treu sein und den andern hintergehen. Ihr könnt nicht beiden zugleich diene: Gott und dem Geld.“ Mt 6,24

Am Anfang hieß es „entweder Gott oder die Welt, aber bedenke, der Spaß auf der Welt ist nur von kurzer Dauer“. Außerdem sei die Welt voller Gier sowie Prahlen mit Geld und Macht. Wenn ich so drüber nachdenke, gilt tatsächlich der viel, der viel Geld hat, Macht und Geld, selten gehen diese nicht miteinander einher. Arbeiten um zu leben und leben um zu arbeiten, kein Geld zu haben ist die größte Sorge, Reichtum das höchste Ziel. Vielleicht ist es eigentlich gar nicht unvernünftig, einige Einstellungen „dieser Welt“ zu hinterfragen. Aber heißt das, dass ich als Christ arm sein muss und mir gar nichts gönnen darf, nichts genießen darf, was zu der Welt gehört, zu der ich nicht gehöre?

In den Evangelien (z.B. nachzulesen in Lukas 18,18-27) steht ein Gleichnis, welches von einem reichen Mann handelt, der zu Jesus kommt und fragt, was er tun muss, um das ewige Leben zu bekommen. Die Gebote habe er seit seiner Jugend befolgt und er fragt sich, was noch fehle. Daraufhin sagte Jesus ihm, er solle seinen ganzen Besitz verkaufen und ihm nachfolgen. Der Mann wurde sehr traurig und als Jesus den bedröppelten Mann sah, meinte er: „Wie schwer haben es doch die Besitzenden, in die neue Welt Gottes zu kommen. Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in Gottes neue Welt“

„Sammelt keine Schätze hier auf der Erde! Dann müsst ihr damit rechnen, dass Motten und Rost sie zerfressen oder Einbrecher sie stehlen. Sammelt lieber Schätze bei Gott. Dort werden sie nicht von Motten und Rost zerfressen und können auch nicht von Einbrechern gestohlen werden. Denn euer Herz wird immer dort sein, wo ihr eure Schätze habt.“ Mt 6 19-21

Wie alles andere was zu „dieser Welt“ gehört, sind auch die Reichtümer auf dieser Welt vergänglich, in Psalm 49 kann man nachlesen, dass einem aller Reichtum nichts nützt, denn sein Leben kann man sich nicht erkaufen und wenn man stirbt, hat man nichts mehr von seinem Geld und Besitz. Mit den Schätzen im Himmel ist es anders. Die sind (natürlich) unvergänglich und haben einen viel größeren Mehrwert. Aber von wirklich zentraler Bedeutung ist der Satz „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ zum Thema Herz findet man im Evangelium des Matthäus auch gleich mehrere Verse:

  • „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand“ Mt 22,37 (zugegebenermaßen ist das ein Zitat aus dem 1. Buch Mose, aber es steht auch bei Matthäus)
  • „Doch was aus dem Mund herauskommt, kommt aus dem Herzen. Das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken und mit ihnen alle Arten von Mord, Ehebruch, sexuelle Unmoral, Diebstahl, falsche Aussagen, Verleumdungen“ Mt 15,18- 19
  • „Wie glücklich sind die, die ein reines Herz haben! Sie werden Gott sehen“ Mt 5,8

Aus alledem geht hervor: Was dein Herz bewegt, hat Auswirkungen auf deine Gedanken, Worte und Taten. Darum soll ich aufpassen, woran ich mein Herz „hänge“, wo ich meine Schätze sammle, d.h. wo meine Prioritäten liegen, nach welchen Maßstäben ich messe und woran sich mein Verhalten orientiert. Und je mehr ich es mit Gottes Gedanken fülle, desto „reiner“ und weniger anfällig für die „Sünde“ sind meine Gedanken, Worte und Taten. Wie bei einer Raucherlunge, die sich wieder erholt. Die Sünde mit dem Rauchen zu vergleichen ist in gewisser Weise sogar passend:

„Aber jetzt seid ihr vom Dienst der Sünde frei geworden und dient Gott. […] Der Lohn, den die Sünde zahlt, ist der Tod. Gott aber schenkt uns unverdient, aus reiner Gnade, ewiges Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ Römer 6,23

Im Römerbrief wird übrigens beschrieben, wie bei der Taufe der alte Mensch stirbt und der neue aufersteht und welche Konsequenzen das mit sich bringt.

„Ihr seid tot für die Sünde, aber weil ihr mit Jesus verbunden seid lebt ihr für Gott. Lasst also nicht zu, dass euer sterblicher Leib von der Sünde beherrscht wird, Gehorcht nicht seinen Begierden!“ Röm 6, 11-12

Was man stattdessen tun soll, schreibt Petrus:

„Lebt als gehorsame Kinder Gottes und nicht nach euren selbstsüchtigen Wünschen wie damals, als ihr die Wahrheit noch nicht kanntet. Euer ganzes Tun soll ausgerichtet sein an dem heiligen Gott, der euch berufen hat.“ 1 Petr 1, 14-15

Und was dieses auf Gott ausgerichtete Tun im Klartext bedeutet, haben wir ja bereits etwas früher erfahren. Wir wissen bereits, was es bedeutet, als „neuer Mensch zu leben“ und auch dieser folgende Vers bereitet uns inzwischen kein Kopfzerbrechen:

„Wisst ihr denn nicht: Freundschaft mit dieser Welt bedeutet Feindschaft gegen Gott. Wer sich also mit der Welt befreunden will, verfeindet sich mit Gott.“ Jak 4,4

Als Christ muss ich also nicht arm sein wie eine Kirchenmaus und ich darf auch Dinge dieser Welt genießen. Ferner soll man sein Herz nicht (von bspw Geld) gefangen nehmen lassen und sein Leben nicht auf Belangloses und Vergängliches ausrichten, nicht nach selbstsüchtigen Wünschen streben, sondern Gottes Wille und Nachfolge als oberste Priorität haben.

Man könnte alles bisher geschriebene mit dem kleinen Abschnitt zusammenfassen, den ich in den Sacherklärungen meiner Bibel zum Stichwort „Welt, diese“ gefunden habe:

„Die neutestamentliche Redeweise von „dieser Welt“ bezeichnet die Menschenwelt als eine, die sich von Gott abgewandt und seinen Sohn , in dem er der Welt seine Liebe zugewandt hat, abweist. Dadurch wird der Bereich, in dem die Menschen leben, zu einer Welt die unter Gottes Gericht steht und vom Bösen beherrscht ist. Menschen, die durch Christus von ihren Sünden befreit und neu gemacht worden sind, sind schon jetzt der Macht des Bösen entrissen und zählen nicht mehr zu „dieser Welt“, auch wenn sie noch in ihr leben. Sie zeigen das durch ein gewandeltes Verhalten, warten aber zugleich auf die neue Welt, in der das Gute die einzige Macht ist.“

Wenn bei Dir jetzt mehr Fragen offen sind, als zu Beginn, habe keine Scheu, diese in den Kommentaren zu stellen, ich freue mich, über aufgetretene Fragen nachzudenken und gemeinsam nach Antworten zu suchen.

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